Fortsetzung von IchKindheit01

Bild oben ist einer unserer Nerzkäfige zu sehen. Der dunkle Schatten war unser großer Rüde.

Kruses Haus, welches Walter Richter gebaut hat, steht hier noch nicht. Die Lücke ist ein Trümmerfeld. In den Unterlagen von meiner Großmutter ist auch einiges von einem Bombenschaden, den sie an ihrem Haus hatte, zu lesen. Auch steht dort, dass sie das Deichrecht hatte. Wir Kinder haben die Ruine als Steinbruch, unter Anderem für den Bau von Spatzenfallen benutzt.

Im Wittmunderweg haben wir über dem Milchladen von Mandus Ritter gewohnt. Jeden Tag kam der Milchwagen aus Altenwerder von der Meierei Flügge. Wir habe oft auf den Wagen gewartet, um mitzuhelfen. Dafür durften wir, heute undenkbar, auf der Ladefläche mitfahren. Da diese Meierei auch die Deutsche Werft belieferte, haben wir auf diesem Wege die DW schon frühzeitig kennen gelernt. Die Pförtner hatten nichts gesagt. Uwe Marxen und Schulkollegen sitzen auf dem Geländer von Mandus Ritter seinem Niedergang zum Milchkeller. Wenn wir nicht mitfahren durften oder konnten, haben wir uns für einige Meter hinten an die hintere Ladeklappe gehängt. Dabei habe ich einmal den optimalen Zeitpunkt verpasst und bin erst nach über hundert Metern runter gefallen, als die Kurve kam und der LKW langsamer wurde. Ich sah fürchterlich aus. Besonders die Knie.

Auf diesem Bild sitzen wir auf den Wiesen genau zwischen der Aue und dem erhöhtem Rand der bereits erwähnten Schrebergärten. Noch weiter links hinter den Schrebergärten, hier weit außerhalb des Bildes auf der anderen Seite der Eisenbahnschienen, war auch das Spülfeld.

Unten der Wittmunderweg mit mir vor unserem Eingang und dem Milchladen. Am Ende macht die Straße eine Linkskurve, wo ich losgelassen habe.

Unten bin ich, mit der oben abgebildeten Pudelmütze, an der Ecke vom heutigen Gorch Fock-Park. Links der Steendick-Kanal, manchmal auch Werft-Kanal genannt , oben die Elbe mit der Elbschlossbrauerei im Hintergrund.

Diese Aufnahmen sind der Rest, den ich mit einer Kleinbildkamera gemacht habe. Die Kamera gehörte meinem Onkel Gustav. Ich habe sie im Keller von Müggenburg 6 gefunden und durfte sie behalten. Ich musste in dem Fotoladen Lüdders, am Stack, diese extra kleinen Filme bestellen. Dann habe ich angefangen, die Technik der Kamera zu ergründen und sie auseinander zu nehmen, bis einige wesentliche Teile fehlten - die Linsen. Damit ging dann auch diese Ära zu Ende.

Übrigens: Die Bilder sind nicht retuschiert - es gab einfach noch keine Autos!!!

Jenachdem wo der Hafen ausgebaggert wurde, konnte man die unterschiedlichsten Sachen aufsammeln. Die Erwachsenen haben es hier auf Kohlen aus dem Kohlehafen abgesehen. Wir Kinder haben aber auch Pistolen und Gewehrmunition gefunden. Mein Vater hat von einer Gewehrpatrone, die ich gefunden habe, das Geschoss vorne abgebrochen, das Pulver ausgekippt und auf dem Balkon vom Wittmunder Weg abgebrannt. So wie er es gemacht hatte, war es ganz harmlos. Die Gefährlichkeit dieser "Spielzeuge" war uns Kindern aber voll bewusst!

Das waren die dampfbetrieben Eimerbagger, deren typisches Quietschen der Mechanik wir auch noch über Finkenwerder hinaus deutlich hören konnten, wenn sie die Elbe vertieften. Dazu wurden die vollen Eimer über die Schrägung heraufgezogen. Rechts vom Schornstein ist das obere Rad zu sehen, wo die vollen „Eimer“ umkippten und sich über eine Rutsche in die Schuten entehrten. Diese Schuten wurden dann dorthin geschleppt, wo der Schlick aufgespült werden sollte. Dort befand sich ein starker Sauger, der den Schlick aus der Schute saugte und durch dicke Rohre zum Spülfeld brachte. Die Rohre hatten einen so großen Durchmesser, dass wir da hineinklettern hätten können. Das untere Rad der Baggerkette war dabei direkt über dem Grund, so das die Eimer den Schlick und alles was sonst noch da unten war, aufnehmen konnten. Das war immer soviel, wie die Eimer über das untere Rad in die Tiefe hinausragte. Die Tiefe der Elbe wurde durch die Verstellung der Schräge dieser Vorrichtung erreicht. Je steiler je tiefer. Und Ebbe und Flut musste auch noch berücksichtigt werden. Rechts von der endlosen Eimerbaggerkette ist noch der Ankerball zu sehen. Der musste gesetzt werden, damit die anderen Schiffe sehen konnten, dass da ein unbewegliches Hindernis im Weg ist. Dabei mussten die vorbeifahrenden Schiffe einen bestimmten Abstand halten, da die Bagger sich während der Arbeit an seitwärts verankerten Seilen bewegt haben. Lange nach Kriegsende, erzählte mein Vater mir, stand immer noch einer von der Besatzung mit einer langen Stange unmittelbar daneben und stocherte damit in jeden auftauchenden Eimer herum, wenn sie aus dem Wasser auftauchten. Wenn er dabei auf ein Hindernis stieß, wurde die Kette sofort gestoppt und der betroffene Eimer genau untersucht. Dadurch hat man verhindert, dass eventuelle Blindgänger beim Auskippen doch noch zündeten. Das wäre dann das Ende des Baggers gewesen


Min Vadder säh jümmers to uns, wenn een von uns mit de Utreed ‚wenn‘ käm: Wenn de Köter nich schet’n har, har he dat Kninkn kregn.

Un wenn wü `n ollign Knutt in uns Tüddelband harn, wüß he ok, wi man den wedder rutkrech. He säh to uns, dat wi uns den Knut ollich van al de Siden ankikn müssn, as he den upgon kun un em den so anfotn, ollich tregn un jo nich wedder loslotn. Manchmol gün dat, un machmol hebt wi uns de Fingernogls dorbi afbrockn ohn dat de ole Knut upgün. Ik gleuf, ik hep em manchmol dorbi mitn Grintje um de Ogen seen.



Briefmarken gesammelt habe ich auch. Vor Kurzem, 2013, habe ich die gesammelten Werke anlässlich einer umfangreichen Aufräumaktion wieder gefunden. An meine einzige Mauritius konnte ich mich noch sehr genau erinnern und habe sie als erstes herausgesucht. Wenn ich mich recht erinnere, habe ich sie aus Pinneberg mit einem ganzen Schwung anderer Marken geschenkt bekommen. Einmal durfte ich auch mit einem Polizeikollegen meines Vaters Briefmarken tauschen. Alles was ich doppelt hatte, hatte er bereits dreifach und was ich gebrauchen konnte, war so umfangreich, dass ich zuletzt kaum noch fragen mochte, ob ich sie bekommen konnte. Er hat jedoch jedes mal gönnerhaft mit dem Kopf genickt und zwar so oft, dass es mir schon als Kind peinlich war. Geärgert habe ich mich von damals bis heute, weil ich meine Oma Lorenz nicht um eine Marke auf einer Postkarte von Tante Emma aus LA, die ich bei den Bildern gesehen habe, gebeten habe. Sie zeigte das Golden Gate noch ohne die berühmte Brücke. Jetzt hat sie mein Bruder, der Geier.

Ich habe irgendwo gelesen, dass die Rote und die Blaue Mauritius von1848-1859 die teuersten Mauritischen sein sollen. Meine, die oben, glaube ich, ist dann doch ein bisschen zu jung aber dafür schärfer und mit einer größeren Krone ausgestattet. Die unten sollen die Originalen seien.

Unterhalten sich zwei Jugendliche über ihre Familien, wobei der eine sagt: " Mein Onkel ist Numismatiker". "Was ist denn das?", fragt der andere. Worauf der erste antwortet:" Das ist einer, der Münzen sammelt". "Toll, diese Fremdwörter. Früher hat man Bettler dazu gesagt! "


Im Garten Müggenburg 6, auch „Achtern Huus“ genannt.

Oben: Meine Cousine Elsbeth Kummrow geb. Prumbaum, meine Großmutter Anna Elsa Amanda Lorenz geb. Külper, meine Mutter und ich im Garten Müggenburg 6. Das Bild war zu der Zeit aufgenommen, wo ich auch oft mit meinen Großeltern vom Auedeich zu Hein Wüpper gegangen bin.

Das oben war einer unserer Badestrände. Der Elbstrand genannt. Ich mochte ihn nicht besonders gerne. Der Strand ging im Wasser sehr steil runter. Und zu Anfang habe ich mich nicht so richtig getraut, zum Ponton zu schwimmen. Es war auch immer eine Strömung vorhanden. Einer aus unserer Klasse hat, wie viele andere auch, es trotzdem wiederholt gemacht und ist dabei unter dem Ponton, links im Bild, gekommen. Nachdem der Ponton ihn wieder freigegeben hatte, waren Tage vergangen. Zur Beerdigung war unsere Klasse vollzählig erschienen. Rechts außerhalb des Bildes war außerdem das große Kanalisationsabflussrohr von einem großteils von Finkenwerder. Da es noch keine Kläranlage gab, schwamm alles bei ablaufendem Wasser am Badestrand vorbei. Ich selbst musste dabei so manchen Torpedo ausweichen. Es waren ja nicht nur die Abwässer von einem Teil von Finkenwerder, es waren auch die ungeklärten Abwässer aus Hamburg und von allen Schiffen, die die Elbe und Köhlfleet rauf und runter fuhren oder dort vor Anker lagen bzw. an den Pontons festgemacht hatten.
Selbst ein Hamburger Senator hat damals sinngemäß gesagt, man könne es sich nicht erlauben, die Elbe ungenutzt in die Nordsee fließen zu lassen! Später wurde der grob gefilterte Klärschlamm in große Schuten verladen und von Schleppern zur Nordsee gebracht und verklappt. Irgendwann wurden die Schuten von richtigen Schiffen abgelöst, die weiter in die Nordsee raus fahren konnten und die Fäkalien beim Ablassen mit ihren Schrauben verquirlt haben. Ab da wurde die Elbe sauberer! Noch sauberer wurde sie, nachdem in Hamburg auf der Südseite der Elbe, im Hafenbereich, ein richtiges Klärwerk gebaut wurde. Aber bis das soweit war, hatten wir beim Baden am Elbstrand das zweifelhafte Vergnügen mit den Hinterlassenschaften. Deshalb habe ich den Dradenaustrand bevorzugt. Der war am Ende des Köhlfleets in Richtung Aue. Dort sind wir, wenn wir es durften alleine, also ohne Aufsicht, hin gerudert, haben das Boot am Strand verankert und gebadet. Wenn wir auf dem Weg unterwegs Kondome auffischen konnten, haben wir das mit Begeisterung getan und ungespült halb mit Wasser gefüllt und auf andere Boote, die zufällig in der Nähe waren, geschleudert. Die kannten das und haben sich entsprechend gewehrt. Ja, sie waren uns sogar im Voraus, da sie sich einen guten Vorrat vor uns aufgefischt und in ihrem Boot gelagert hatten. Das waren richtige Seeschlachten!

Aber nachträglich ist mir doch noch etwas zum Elbstrand eingefallen! Auch wenn er nicht mein Lieblingsstrand war und ich aus besagten Gründen nicht allzu oft im Wasser war, habe ich einmal etwas länger als nötig oben am Weg mit meinem Fahrrad gestanden, als ich nach einigen Kumpels Ausschau hielt, die dort eventuell am Baden waren. . Da ich keine gesehen hatte, habe ich ich mich nur noch mal umgeschaut, also meinen Blick schweifen lassen.. Und was sehe ich direkt vor meiner Nase! Es war eine junge Frau, die mit ihrem Kind vornüber gebeugt im Sand buddelte und das derart intensiv, das sie nicht merkte, das ihr Bikinioberteil nach oben verrutscht war und das dadurch das pralle Leben darunter zu sehen war. Zugegeben, ich habe es solange es ging, genossen. Das ging aber nur solange, bis sie es selbst merkte und sich ihr Bikinioberteil zum dem dafür vorgesehenen hin Ort korrigierte. Dabei sah sie sich um, ob jemand ihr Missgeschick beobachtet haben könnte und dabei musste sie feststellen, dass ich der Einzige war, dem das aufgefallen war. Sie bedachte mich mit einigen derart bösartigen Blicken, so als wenn ich bei ihr Hand angelegt hätte. Aber der Anblick, war mir dieser Blick wert und ich verließ den Ort meiner ersten Peepshow, mit einem "inneren Reichsparteitag" !

Und wenn wir mal „andere Badeanzüge“ oder Bikinis sehen wollten, sind wir auch schon mal mit dem Fahrrad zu dieser Badeanstalt gefahren. Sie war auch für uns Kindern recht gewöhnungsbedürftig. Sie, die Badeanstalt, war in Moorburg, wenn man von der Ölstraße nach Links abbog und auf dem Deich in Richtung Harburg fuhr. Nach einigen Hundert Metern lag sie links außerhalb des Deiches und hatte einen direkten Zugang zur Süderelbe. Sie war in Schwimmer und Nichtschwimmer unterteilt. Ob es eine Aufsicht gab, kann ich nicht sagen. Mir ist jedenfalls keine aufgefallen. Das Wasser wurde durch Ebbe und Flut über Schleusen ausgetauscht und in der Höhe geregelt. Trotzdem war und blieb es ein Schlickloch. Kläranlagen gab es dort genauso wenig, wie bei uns an der Norderelbe!


Im Winter war diese Fläche vor dem Dradenaustrand, an der Aueinsel vorbei bis zum Stack (Kutterhafen), zugefroren. Dort, am Stack, brachen die Schlepper das Eis immer wieder auf, so dass große Schollen entstanden. Zuerst haben wir auf der geschlossenen Fläche Eishockey gespielt und dann auch Ausflüge zu den Schollen am Stack gemacht. Wenn sie unser Gewicht tragen konnten, sind wir auch von Scholle zu Scholle gesprungen. Dazu musste man sich auf seine Schlittschuhe und vor allem auf seine Stiefel verlassen können. Die Schlittschuhe waren sogenannte Hackenreißer und wenn beim Absprung die Hacke vom Stiefel abriss, konnte es vorkommen, dass man nicht den nötigen Schwung hatte. Wir waren oft bis zur Dämmerung auf dem Eis und hatten dabei so kalte Füße bekommen, das wir sie unter Schmerzen erst kurz vor unserer Haustür wieder spürten. Frostbeulen waren oft unsere Begleiter. Im Eis eingebrochen bin ich nur einmal und das war auf dem Graben auf der hamburgischen Seite, bei der Henkersinsel. Mit einem mal stand ich mit dem rechten Bein bis zum Hintern im Graben. Das ging so schnell, dass ich zuerst gar nicht die Kälte merkte.

Pragmatismus ist, wenn du bei Glatteis ausrutscht und gleich liegen bleibst, um die schmerzende Stelle zu kühlen.

Den Ausdruck 'Henkersinsel' habe ich von meiner Mutter. Die eigentliche Landscheide ist ja der Graben auf der Lüneburger Seite, wobei der Graben auf der Hamburger Seite an dieser Stelle einen Bogen macht, deren Einschluss man wohl als Insel bezeichnet hat. Als meine Mutter und ich einmal von meinen Großeltern vom Auedeich kamen, lief auch ein aus meiner Sicht relativ kleiner Mann vor uns, von dem meine Mutter leise zu mir sagte: Der da, das ist der Scharfrichter. Die Henkersinsel ist auf dieser Karte genau in der Mitte auf der Ost-West-Achse. Die Strichpunktlinie ist der Graben und wo die Grenze auf die Deiche rechts und links stoßen, hat man sich etwas ganz revolutionäres einfallen lassen. Man hat eine Zaun gezogen, den Tuun. Das nur mal zwischendurch.

Wir sind auch auf der Süderelbe und auf den Gräben der Obsthöfe Schlittschuh gelaufen. Dabei haben einige ältere Jungs einen kleinen Riss quer im Eis bemerkt und spontan beschlossen, den Riss zu vergrößern. Dabei stellten sie sich mit drei Mann über den Riss und verlagerten ihr Gewicht von einem Bein auf das andere, so lange bis es krachte. Sie hatten sich vorher nicht abgesprochen, liefen alle in einer Richtung davon und standen, weit ab von zu Hause, ganz schnell bis zur Brust im Wasser. Ich kann mich noch genau erinnern, dass ein eisiger Wind durch die kahlen Bäume wehte und war froh, diesen Blödsinn nicht mit gemacht zu haben.

Weiter westlich von Hein Wüpper war an der Süderelbe unser Vereinslokal vom Sparverein, Foto unten. Wir waren alles junge Leute und wenn wir einmal im Monat unser Treffen hatte, ging es recht lustig zu. Bei entsprechender Musik, haben überwiegend die Deerns die alten Lieder mitgesungen und ganz wie die ´professionelle´ Finkwarder Speeldeel auch getanzt! Leider habe ich aber auch etwas negatives in Erinnerung. Als ich ein mal nicht an meinem Platz war, habe ich meine Zigaretten, Ernte 23, mit meinem Feuerzeug zusammen neben meinem Bier liegen lassen. Als ich zurück kam, war das Feuerzeug weg. Das Feuerzeug war ein Geschenk von Jan Koch und seiner damaligen Freundin und jetzigen Frau Heidi, meiner Schulkollegin Heidelore Lünse, zu meinem 21ten Geburtstag. Wir haben mit ´Allemann´ gesucht und es nicht gefunden .......!!! Ich war sehr enttäuscht!

Noch weiter westlich gab es bis zur Flut auch noch eine kleine Reparaturwerft für Kutter an der Süderelbe. Dort lag gerade die Amor, HF 30, auf Slip, als die Flut 1962 kam. Sie lag zwar hoch und fast trocken aber dort blieb sie auch liegen, denn nachdem das Wasser abgelaufen war, wurde die Süderelbe sofort vom Hauptstrom durch einen Deich abgetrennt. Inzwischen ist die Süderelbe ein schützenswertes Biotop geworden. Sie, die Amor, lag noch eine Zeit lang da und wurde dann aber abgewrackt. Heute steht nur noch der Steven der Amor zum Gedenken an die Flut an dieser Stelle. Das ist der schwarze senkrechte 'Strich' rechts vom Anker.

Der Steven der Amor als Flut-Denkmal an der alten Süderelbe.

Bild unten: Amor, HF 30. Dahinter von links: Sagitta, Avance, Elbe und Forelle. Die Schiffe liegen hier, vor der Flut 62, bei den Werften Behrens und Eckmann in der Nähe der Finkenwerder Landungsbrücken.
Im Hintergrund schimmert zwischen den Netzen der beiden rechten Kuttern, das Lotsenhöft durch.

Zu dem Seitengewehr oben, bin ich gekommen wie die Jungfrau zum Kind. 1963 fragte mich mein damaliger Kumpel Bernd Körner, ob ich es haben möchte. Natürlich mochte ich. Die im Querschnitt kreuzförmige Klinge war total verdreckt und verkrustet. Auch das Abflussloch in der kleinen Kugel am Ende der Scheide, musste ich freipulen. Ich habe nicht untersucht, woraus der "Schmutz" bestand, weil ich ja wusste, dass es sich um ein gebrauchtes Kriegsutensil handelt. Gefunden hat mein Kumpel das Ding irgendwo in Finkenwerder auf einem Dachboden. Er sagte mir dazu noch, dass es ein französisches Seitengewehr sein soll. Napoleon war ja auch ganz in der Nähe über die Elbe gegangen (Wilhelmsburg),aber das kann ich mir nicht vorstellen. Eher denke ich, dass es ein Souvenir aus dem WK1 ist, wenn denn französisch. Dazu hat er mir noch eine runde Scheibe mit einer 360°-Einteilung mit einem mittig gelagertem Zeiger gegeben. Da ich gerade zu der Zeit bei der Panzerartellerie war, habe ich es unserem Hauptmann Schwarz gezeigt, mit der Frage, ob er es irgend wie als ein artelleristisches Richtgerät einordnen könne. Er konnte nicht, hat es aber bei passender Gelegenheit mit bis zum Regiment geschleppt und alte Artilleristen gefragt. Keiner konnte es einordnen. Bei meiner Verabschiedung hat er es mir wieder zurückgeben wollen. Mit den Worten:"Wenn es dann doch ein Richtgerät sein sollte, dann ist es bei ihnen besser aufgehoben", habe ich es ihm endgültig überlassen. Ein nautisches Peilgerät war es nicht. Das hätte Rolf, der Vater von Bernd, als Kapitän auf großer Fahrt erkannt.

Das 5-DM Stück.

Den Begriff Heiermann kannte ich schon länger, wusste aber nicht, wie er entstanden ist. Das habe ich erst viel später erfahren. Er, der Begriff, muss bereits kurz nach Kriegsende, genauer gesagt, mit Einführung der neuen Währung, der DM, entstanden sein. Das war 1948 und die DM war damals so viel wert, dass man auf St. Pauli für ein 5 DM-Stück eine sogenannte Bordsteinschwalbe haben konnte. Heier leitet sich meines Wissens von Heia ab. Das sagte man zu kleinen Kindern, die von ihren Müttern ins Bett gebracht und mit den Worten:" Nun mach man schön Heia", zum Schlafen überredet werden. Der Begriff hat sich eigentlich bis heute gehalten, obwohl es heute keine 5-Markstücke mehr gibt und diese Summe schon lange nicht mehr ausreicht, wie ich glaubhaft gehört habe. Die Damen haben den Begriff Bordsteinschwalben erhalten, weil sie wie die richtigen Schwalben, die im Tiefflug ihre Beute im Hin- und Herflug jagen, zum Vorbild haben und sich genau so verhalten. Neulich ist mir der Begriff Heiermann in Wismar noch mal herausgerutscht, als Elisabeth sich in irgendeinen Laden festgekrallt hatte und mir langweilig und nach einem Eis von nebenan war. Natürlich hatte ich Geld dabei, wollte es aber nicht ausgeben. Deshalb habe ich Elisabeth nach einem Heiermann gefragt und auch bekommen. Das Lächeln des Verkäufers, der das mit angehört hat, sagte mir, dass er den Begriff auch kannte. Das Eis hat mir übrigens sehr gut geschmeckt, nicht nur, weil ich es nicht bezahlt habe.

Ich selbst habe noch viele der Kutter gesehen, die sich als Trophäe eine Schwanzflosse der Thunfische oben an den Mast genagelt haben. Der Verfasser dieses Textes ist Heinz Linde, der Sohn von Emma Linde, die ja die beste Freundin meiner Mutter war.

Auf dem Bild neben mir ist Aribert Deoff zu sehen. Wir hatten beide bereits etwas getrunken. Er kam aus der Ostzone und war mit einem mal da. Er fuhr auf der "Katharina" von Heinz Lieb und hat jeden verprügelt, den er nicht leiden konnte. Wir wurden dagegen sehr gute Freunde. Da er in der Hochseefischerei sehr gut verdiente und ich noch in der Lehre war, hat er öfter für mich einen ausgegeben, als ich für ihn. Auch mit zollfreien Zigaretten war er immer großzügig. Einmal hat er für mich sogar 5 Zentner Schollen zum Trocknen mitgebracht. Dummerweise legte der Kutter diesmal nicht am Stack an, wo wir uns sonst immer getroffen haben, sondern bei der Werft Eckmann. Er musste die Schollen anderweitig weggeben. Schade. Ja, er wollte auch mal einen großen amerikanische ´Schlitten´ kaufen, mit den ich ihn fahren sollte, da er im Gegensatz zu mir, keinen Führerschein hatte. Ich verdiente als Lehrling nicht soviel, dass ich mir das Benzin für den Wagen hätte leisten können. Das hätte gerade für den Startvorgang gereicht. Irgend etwas muss er aber mit sich herumgetragen haben, was ich aber nicht bemerkt habe. Ich habe immer wieder darüber nachgegrübelt; bin aber zu keinem Ergebnis gekommen, warum er in Cuxhaven sich das Leben genommen hat. Er hat sich im Maschinenraum aufgehängt. Es war am nächsten Morgen, einem Samstag, als mein Vater mit dieser Nachricht von seinem Nachtdienst kam. Meine Mutter weckte mich dann mit dieser Nachricht. Ich konnte und habe nichts gesagt. Seit der Zeit bin ich auch nicht wieder auf einem Kutter gewesen. Auch möchte ich sagen, dass damit meine Kindheit und Jugend beendet war.


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